Kommuniqué No. 4: Kassel entwaffnen ist (k)eine Kunst

Kassel entwaffnen ist eine Kunst

Während die Produktion und Instandsetzung von Panzern und Waffen bei Rheinmetall auf Hochtouren läuft, beginnt in derselben Stadt eines der weltweit größten, alle fünf Jahre stattfindenden Kunstereignisse: die documenta. Wie passt das zusammen? War nicht die Kunst in der Geschichte der Menschheit immer auch eine Möglichkeit, die Gegebenheiten zu durchbrechen, Lücken zu reißen, einen anderen Blick auf die Welt zu gewinnen, für das ganz Andere, also die fundamentale Negation des Bestehenden, einzustehen? Oder ist sie doch nur der schöne Schein, der die Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse in einem verklärten Licht erscheinen lässt?

Also fragen wir: Welche Rolle spielt die Kunst in diesem Spiel?
Man darf sich nichts vormachen. Kunst wird gebraucht, missbraucht und vereinnahmt und ist Teil der ideologischen Absicherung des Spiels, genannt Kapitalismus. Auch die Manager*innen von Rheinmetall haben ästhetische Bedürfnisse. Doch erneut wird sichtbar werden, dass sich Kunst dagegen wehrt und man täte den Künstler*innen, die zur documenta 15 nach Kassel kommen, Unrecht, würde man ihnen sofort unterstellen, Teil des Spiels sein zu wollen. Im Gegenteil. Viele von ihnen werden versuchen, ihm etwas entgegenzusetzen.

Die thematischen Schwerpunkte der diesjährigen documenta, Nachhaltigkeit und Kooperation, katapultieren uns mitten hinein in die Auseinandersetzungen. Kassel wird zu einer Art Schnittpunkt weltweit stattfindender Konflikte. Gerade jetzt erleben wir die Wiedergeburt des Imperialismus oder besser: der Imperialismen, und es genügt keinesfalls, allein auf die Figur Putin zu verweisen. Veränderte Formen von Imperialismus prägen die geostrategischen Auseinandersetzungen, auch jene um die natürlichen Ressourcen, aus denen Energie gewonnen werden kann, und durchziehen die Weltordnung, in der wir leben. Der Krieg in der Ukraine ist von dem katastrophalen Zustand dieser Erde, den man die „ökologische Krise“ nennt, nicht zu trennen: die Zerstörung, die dieser Kapitalismus braucht, um Profite zu erzeugen, tritt hier offen zutage. Auch im Krieg und durch Krieg verwertet sich Kapital um den Preis der Vernichtung von Mensch und Natur.

Dies wollen wir in diesem Sommer in Kassel sichtbar machen. Und zu dieser Sichtbarkeit gehört eine beklemmende Sichtbarkeit der Unsichtbarkeit. Die ökologische Katastrophe, an der auch VW mit seinem Werk in Kassel seinen Anteil trägt, findet hauptsächlich woanders statt und für die Panzerproduktion von Rheinmetall wird Nachhaltigkeit zum An-Ästhetikum einer social-responsibility-Identität. „Unternehmerisches Handeln“ – so Rheinmetall – „hat weitreichende Auswirkungen. Dauerhaften Erfolg hat ein Unternehmen nur, wenn es ökonomische, ökologische und soziale Kriterien aufeinander abgestimmt in die Geschäftstätigkeit integriert und Mehrwert für sich, seine Mitarbeiter und die Gesellschaft schafft. Für Rheinmetall ist es daher selbstverständlich, im Rahmen seiner Möglichkeiten seinen Beitrag zu einer wirtschaftlich stabilen und ökologisch verantwortlichen Entwicklung der Gesellschaft zu leisten.“ Stammen diese Sätze, die in ihrer Absurdität nicht zu überbieten sind, aus der Kunst, vielleicht von einem Satiriker, oder aus der Marketingabteilung eines Tötungsspezialisten?

Auch die documenta fokussiert Nachhaltigkeit. Doch unterstellen wir zunächst einmal: anders als Rheinmetall! Die Künstler*innen von ruangrupa haben etwas ganz Anderes im Sinn, wenn sie lumbung, den indonesischen Begriff für eine gemeinschaftlich genutzte Reisscheune, ins Zentrum der diesjährigen documenta stellen: „Als künstlerisches und ökonomisches Modell fußt lumbung auf Grundsätzen wie Kollektivität, gemeinschaftlichem Ressourcenaufbau und gerechter Verteilung und verwirklicht sich in allen Bereichen der Zusammenarbeit und Ausstellungskonzeption.“ Sie setzen so zumindest die Frage von Kunst und Politik auf die Agenda. Doch wenn diese Kunstausstellung mit wohlfeilen Worten der „Verantwortlichen“ aus „Politik und Wirtschaft“ eröffnet wird, dann ist ihren Worten zu misstrauen: Diese sollen dazu dienen, uns über das, was die Kunst uns an Beunruhigendem zu sagen hätte, zu täuschen. Sie sollen sie zum Teil des gesellschaftlichen Spektakels machen und jedes Potentials berauben, darüber hinauszuweisen.

Vor mehr als 50 Jahren haben Guy Debord und die Künstler*innen der Situationistischen Internationale einen Begriff für den kapitalistischen Normalzustand gefunden, der noch immer oder mehr denn je zutrifft: das Spektakel. „Form und Inhalt des Spektakels sind identisch die vollständige Rechtfertigung der Bedingungen und der Ziele des Systems.“ Dazu braucht es die Kunst, auch wenn nicht jede Kunst dafür brauchbar ist. In seiner Wirklichkeit ist dieses Spektakel für Debord „die sichtbare Negation des Lebens“. Die sichtbarste Negation des Lebens aber ist der Krieg, egal ob er der Ausweitung oder Absicherung von Imperien dient, als Krieg gegen die ökologischen Lebensgrundlagen dieses Planeten geführt wird oder die Zurichtung der Subjekte zum Homo oeconomicus als ultima ratio des Lebens propagiert.

Kunst als Ästhetisierung spielt eine wichtige Rolle dabei. Noch einige Jahre vor den Situationisten hat dies Walter Benjamin gewusst. Mehr denn je erleben wir mediale Ästhetisierungen, die vor allem die Politik bestimmen. Neu ist das nicht, neu aber ist die Breite, die dieses Phänomen gewonnen hat. Das hatte Benjamin so noch nicht vor Augen. Aber er wusste: „Alle Bemühungen um die Ästhetisierung der Politik gipfeln in einem Punkt. Dieser Punkt ist der Krieg. Der Krieg und nur der Krieg, macht es möglich, Massenbewegungen größten Maßstabs unter Wahrung der überkommenen Eigentumsverhältnisse ein Ziel zu geben.“

Wir sind Aktivist*innen vom Bündnis Rheinmetall Entwaffnen. Wir glauben, dass die Kunst mehr weiß, als den Herrschenden recht ist. Würde sie nichts bewirken, dann müsste der Kapitalismus nicht derartige Anstrengungen unternehmen, Kunst im kapitalistischen Warenspektakel zu vereinnahmen. Wir glauben, dass politischer Aktivismus durch die Kunst lernen kann: in Bezug auf unsere Wahrnehmungsfähigkeit, auf der Suche nach Mitteln und für die Formen des Lebens und der Unversöhnlichkeit mit den herrschenden Verhältnissen von Unterdrückung, Ausbeutung und Krieg. In diesem Sinne begrüßen wir alle Künstlerinnen und Künstler, aber auch alle Besucher*innen auf dieser documenta, und laden sie ein, uns vom 30. August bis zum 4. September auf dem Camp in Kassel zu besuchen und sich an Aktionen gegen die Rüstungsindustrie zu beteiligen. Wir freuen uns auf einen kreativen, politischen und aktivistischen Sommer in Kassel. Wir glauben weder, dass Rheinmetall und VW, noch der kapitalistische Kunstmarkt und auch nicht der Krieg das letzte Wort haben werden. Venceremos!

Rheinmetall Entwaffnen, Juni 2022

Dieses Kommunique gibt es auch in englisch und spanisch.

Fotowettbewerb: Leoparden, Pumas und Marder in der Stadt…

Liebe Kasslerinnen und Kassler,

beteiligen Sie sich an unserem Fotowettbewerb und werden Sie Teil der documenta15. Es winken Überraschungspreise. Mitmachen lohnt sich!

Liebe Anwohnerinnen und Anwohner,

sie sind scheu und versuchen, jeglicher Aufmerksamkeit zu entgehen.
Sie tarnen sich und wollen möglichst geräuschlos ihr Gehege verlassen. Doch als entschlossene Kasseler*innen sollten Sie sich nicht entmutigen lassen, denn immer wieder sind sie kurzzeitig im Stadtbild zu entdecken! Die Rede ist von Militärfahrzeugen, wie etwa dem Leopard-II-Panzer, der unter anderem hier in Kassel produziert wird und schon im Kosovo, in Afghanistan und Nordsyrien im Einsatz war.

In unregelmäßigen Abständen sind die Fahrzeuge auf Kasseler Straßen unterwegs. Sie werden von einem Produktionswerk zum nächsten transportiert und verlassen schließlich über die Autobahn die Stadt. Haben Sie auch schon einmal einen halbfertigen Panzer auf einem Tieflader über den Holländischen Platz fahren sehen?

Senden Sie uns jegliche Fotoaufnahmen zu, die Sie einfangen können! Diese werden auf unseren Online-Kanälen veröffentlicht. Die eindrücklichsten Motive werden mit einem Überraschungspreis ausgezeichnet und erste Fotografien bereits Ende August/Anfang September auf unserem Camp in Kassel ausgestellt. Das ist einer unserer gemeinsamen Beiträge zur documenta15.

Einsendungen mit genauem Ort, Datum und Uhrzeit der Aufnahme bitte an rheinmetall-entwaffnen [at] riseup.net oder per Messenger an 0157-33465728 (Signal u.a.). Teilen Sie uns bitte auch mit, ob Sie namentlich als Urheber*in genannt werden wollen und wenn ja, unter welchem Namen. Einsendeschluss ist der 30.09.2023.

Wir freuen uns auf Ihre Einsendungen!

Mit antimilitaristischen Grüßen
Rheinmetall Entwaffnen

Einsendungen:
https://twitter.com/REntwaffnen/status/1557263365554290688 (Foto)
https://twitter.com/REntwaffnen/status/1561625218333847552 (Fotos)
https://twitter.com/REntwaffnen/status/1559447596439060480 (Video)

Kommuniqué No. 3: Männlichkeit und Krieg

Praktisch gegen Männlichkeit und Krieg

Dieser Krieg ist kein Ort für Emanzipation und Befreiung. Längst überwunden geglaubte Ideologien betreten wieder die gesellschaftliche Bühne. In den Bildern, der Sprache und der Politik feiert die Militarisierung fröhliche Urständ. Dieser Krieg ist ein Ort des patriarchalen Rollbacks, insbesondere im kapitalistischen Gesellschaftssystem, in dem wir leben.

Die Fotoaufnahmen vom reitenden bzw. fischenden Putin mit nacktem Oberkörper dienen den Medien schon länger als willkommene Darstellung des russischen Staatschefs. Auch Selenskyj weiß als Schauspieler, wie er sich im olivgrünen Hemd bzw. mit schusssicherer Weste vor Kameras inszenieren kann. Bei allen Unterschieden dieser beiden: Hierbei geben sich die zwei Kriegsherren, der Angreifer und der Angegriffene, nichts. Sie spielen den männlichen Helden und werden gerne als solcher gesehen. Hinter den Bildern dieser beiden stellvertretenden Figuren verschwinden die Interessen und Ursachen der imperialistischen Kriege, über die wir hier schreiben.

Die Sprache des Krieges und der Krieg der Worte
Auch in ihrer Rhetorik gleichen sie sich. Putin und Selenskyj sprechen von „Tapferkeit“ und „Heldentum“, von „hartem Kampf“ und „ewigem Ruhm“. Mit ihrer kriegsverherrlichenden Sprache propagieren sie entgrenzte Gewalt und sowohl das Töten als auch das „Sterben fürs Vaterland“. Vor dem Hintergrund dieser fortschreitenden verbalen Eskalation können Friedensverhandlungen und Diplomatie – selbst auf dieser Ebene sind fast ausschließlich Männer beteiligt – nicht gelingen. Absurderweise setzen sich ausgerechnet Diktatoren und Kriegsherren wie Erdogan als Friedensvermittler in Szene, während dieser gleichzeitig die jesidische und kurdische Bevölkerung in Rojava und im Nordirak bombardiert. Denn imperialistische, militaristische Politik ist und bleibt patriarchal, egal ob sie von Frauen oder Männern gemacht wird. Eine neue Qualität und Quantität der Kriegsrhetorik kennen wir auch von bundesdeutschen Politiker*innen, hierzulande hat sich die Sprache ebenfalls innerhalb weniger Tage militarisiert.

Dieses Vokabular wird von Medien und Gesellschaft aufgegriffen. In den Kommentarspalten und in Sozialen Medien werden Selenskyj und Putin abwechselnd als „Freiheitsheld“ gefeiert oder als „Schlappschwanz“ beschimpft. Bestimmte Ideale von Männlichkeit werden damit extrem verstärkt und positiv besetzt. So wird das Soldaten- und Heldentum gesellschaftlich akzeptabler und patriarchale Strukturen gefestigt.

Antiquierte Geschlechterrollen werden reproduziert und zementiert
Aber es geht über die Bilder und die Sprache hinaus: Als Handelnde werden im Krieg meist Männer wahrgenommen. Frauen bekommen andere Rollen zugeschrieben; als Opfer von Gewalt, von Vergewaltigung und Vertreibung. LGBTQ*s sind nahezu unsichtbar. Wir erleben absolute Heteronormativität, die Zuweisung klassischer Frauenrollen und die selektive gesellschaftliche Beteiligung von Frauen nach patriarchalen Kriterien. Die Reproduktionsarbeit und Auswirkungen des Krieges haben auf allen Seiten vor allem Frauen zu tragen. Die Ukrainerinnen müssen die Kinder an sich nehmen und können bzw. sollen zum eigenen Schutz das Land verlassen. Die Männer bringen sie noch an die Grenze, um dann in den Krieg zu ziehen. Sie müssen als Unter-60-Jährige im Land bleiben und haben das Vaterland zu verteidigen.

Auch hierzulande werden uns in der Berichterstattung Frauen überwiegend als Geflüchtete und als Helferinnen präsentiert. Die Hilfe für Geflüchtete bleibt großteils am Ehrenamt hängen, also vordergründig an Frauen. Und Geflüchtete sind hier als billige Arbeitskräfte zum Beispiel in der Pflege willkommen.

Zugleich beobachten wir einen allseits präsenten Männlichkeitswahn, der anfängt bei gekränkten Männern der deutschen Regierung, nachdem Steinmeier anlässlich seines geplanten Ukraine-Besuchs einen Korb bekommen hat, und der bei Elon Musk noch nicht endet, der Putin „zu einem Kampf von Mann zu Mann“ herausgefordert hat.

All das bisher Gesagte bleibt nicht ohne Wirkung auf hiesige Diskurse und hat autoritäre und patriarchale Nachwirkungen auf die gesellschaftliche Konstituierung. Kritische Stimmen sind verstummt oder vereinzelt gar in ein Verehren eines Kriegsherren umgeschlagen. Ein Aufschrei gegen toxische Männlichkeit, gegen Formierung an alten und binären Geschlechterrollen, gegen Antifeminismus, Nationalismus und staatliche Machtsymbole, die jeder Emanzipation zuwiderlaufen, bleibt aus. Gerade in diesen Zeiten ist es umso notwendiger, dass wir unsere Stimme erheben, unser Camp mit Aktionstagen vom 30. August bis 4. September in Kassel planen, um diesen erschreckenden Entwicklungen etwas entgegenzusetzen.

In diese Entwicklungen sind wir zunächst selbst verstrickt, werden schon früh spielerisch an dieses Denken herangeführt, lernen von Kind auf Konkurrenz, Gewinnen und Siegen, Wettbewerb statt Solidarität. In der Vorbereitung unserer Aktivitäten fällt uns auf, dass wir oft unreflektiert das Vokabular des Schlachtfelds und die Bildsprache des Krieges benutzen, wenn wir beispielsweise unser Bündnis als „gut aufgestellt“ bezeichnen. Ja, das Patriarchat durchzieht auch uns. Es ist Teil unserer Persönlichkeitsentwicklung. Nur mit dem Wissen und einer Auseinandersetzung damit, nur mit Versuchen, ein anderes Miteinander zu leben und weiterzuentwickeln, ist es möglich, diese Verhältnisse auch gesamtgesellschaftlich aufzubrechen. Das wollen wir auf unserem Camp zusammen wagen.

Praktisch gegen Männlichkeit und Krieg
Gerade in diesen Zeiten brauchen wir Aufbegehren und Widerstand. Dementsprechend zeichnet sich unsere politische Praxis durch unsoldatische Tugenden aus. Sie läuft dem Bild des Soldaten und dem Bild des Mannes zuwider, der keine Schwäche zeigen, nicht aufmüpfig und ungehorsam sein kann; der körperlich nicht eingeschränkt, nicht weiblich, kindlich, weich, nachsichtig, rücksichtsvoll sein darf. Aber genau so wollen wir miteinander umgehen und offen darüber sprechen, dass wir beispielsweise vor unseren Aktionen auch Unsicherheiten in uns tragen.

Die Welt ist nicht so einfach, wie sie uns gerade präsentiert wird. Das erfahren wir in Debatten, die wir alle geführt haben. Wäre zum Beispiel der russische Krieg in der Ukraine ohne den Kontext NATO-Osterweiterung denkbar? Wo steht der Feind, wo der Freund? Statt einem Denken, dass in schwarz-weiß, gut-böse oder männlich-weiblich verfangen bleibt, versuchen wir uns an einem komplexeren, einem dialektischen Denken; an weniger Entweder-oder und mehr Sowohl-als-auch. Wir bewegen uns also in anderen Räumen, dazwischen oder auf anderer Stufe, und auf der Suche nach einer Position jenseits von Macht und Patriarchat.

Wir laden alle und insbesondere auch die feministische Bewegung ein, sich im Sommer in Kassel an unseren entsprechenden Schrittversuchen zu beteiligen. Womöglich werden wir wieder in unseren pinken und rosanen Maler*innenkitteln unterwegs sein, in Farben, die vom Militär nicht gemocht werden, weil sie als unmännlich gelten.

Gemeinsam werden wir ein Gegenbild zur männlichen Formation und zum camouflagefarbenen Marschieren in Reih‘ und Glied sein, indem wir uns bunt und auffällig, aber auch organisiert und entschlossen in der Stadt bewegen und diese für ein paar Tage mitgestalten werden. Es soll und wird viel passieren, die farbliche Markierung von Denkmälern männlicher Kriegshelden oder von todbringenden Panzern mit ihren phallischen Kanonenrohren können nur erste Anregungen sein.

Aktive aus Rheinmetall Entwaffnen, Mai 2022

https://rheinmetallentwaffnen.noblogs.org

Aktionskonferenz am 26. März

Ort und Zeit
Kulturbahnhof // Franz Ulrich-Str. 6 // 34117 Kassel
Die Konferenz startet um 10 Uhr.

Zur Einladung

Ablauf

I. Gemeinsame Diskussion
10:00 Ankommen und Begrüßung
11:00 – 13:00 Uhr Podiumsdiskussion „Gegen Krieg und Aufrüstung“ mit Kerstin Pfeiffer (FrauenLesbenGruppe Frankfurt / Women defend Rojava), Tamara Rewald (Klimagerechtigkeitsbewegung), Barbara Happe (Urgewald), Ayşe Güleç (NSU-Komplex / documenta15)
und von Rheinmetall entwaffnen (N.N.)
13:00 Pause

II. Workshop-Phase 14:00 – 15:45 Uhr
Die Workshops dienen zur inhaltlichen Vertiefung. Hier kann in kleineren Runden an die Podiumsdiskussion angeschlossen, offene Fragen und Leerstellen behandelt werden. Geplant sind u.a. folgende Workshops:
–  Antimilitaristische Handlungsoptionen im Alltag von Krieg und Aufrüstung
–  Rojava/ Kurdistan-Solidarität
–  Welche aktuellen Schritte zur Mobilisierung eines antimilitaristischen Widerstandes ergeben sich aus einer feministischen Analyse?
– Kunst als politisches Mittel (Kollektiv ZEFAK; Englisch mit deutscher Übersetzungsmöglichkeit) 
– Klimabewegung
– Rüstungsproduktion und Aufrüstung der Grenzen
Die Workshops finden parallel statt.

III. AG-Phase 16:00 – 18:00 Uhr
Wir wollen gemeinsam ins Arbeiten kommen. Vorbereitungskreise für die Proteste im Sommer in Kassel stellen sich und den Stand der Dinge vor. Es wird auch Raum geben für AG-Neugründung.
18:20 Ergebnisse der Aktionskonferenz festhalten
19:00 Schluss


IV. Socializing ab 20:30 Uhr
Ort tba

Anmeldung
Damit wir abschätzen können, wie viele Leute kommen, bitten wir um eine Anmeldung unter rheinmetall-entwaffnen[at]riseup.net

Übersetzung // Translation
Bitte teilt uns mit, wenn Übersetzungen benötigt werden.
Please let us know if translation is needed.

Corona-Regeln
Bitte testet euch vor der Konferenzteilnahme. Es werden aber auch Tests und FFP2-Masken vor Ort verfügbar sein.

Spezielle Bedürfnisse
Der Konferenzort ist weitestgehend barrierearm. Wenn es weiteren spezielle Bedarf gibt, wie beispielsweise nach Gebärden-Dolmetscher, teilt uns das bitte mit. Wir werden sehen, was wir tun können.

Verpflegung
Aufgrund der geltenden Hygienenregeln des Veranstaltungsortes wird es in dem Gebäude keine Essensausgabe geben. Bitte denkt selbst an Verpflegung für diesen Tag. Wir befinden uns in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof, wo es ausreichend Möglichkeiten gibt, Essen zu besorgen.

Kontakt und Anmeldung
rheinmetall-entwaffnen[at]riseup.net

Zur Einladung

Kassel entwaffnen ist keine Kunst

Krieg beginnt hier. Aktionskonferenz in Kassel am 26. März

Im Sommer 2022 findet die documenta, die weltweit größte Ausstellung für zeitgenössische Kunst, in Kassel statt. Die documenta fifteen wird von dem indonesischen Kollektiv ruangrupa kuratiert, das die Bedeutung von Nachhaltigkeit und globaler Gerechtigkeit besonders betont. Der Rüstungsstandort Kassel, ein wichtiges Zentrum der deutschen Kriegsindustrie, steht diesem Anspruch klar entgegen. 365 Tage im Jahr werden hier Waffen produziert und in die ganze Welt exportiert.

Bis zu einer Million Tourist:innen besuchen die documenta und für 100 Tage schaut die Welt nach Kassel. Das werden wir nutzen und gemeinsam während der documenta fifteen Widerstand gegen die Waffenkonzerne der Stadt und gegen die verheerenden Konsequenzen von Rüstungsexporten, Aufrüstung und Abschottung leisten.

Unsere Aktionen werden so vielfältig und entschlossen sein wie die Bewegungen aus denen wir kommen. Die Forderung nach dem sofortigen Stopp aller Rüstungsproduktion verbindet uns. Sie ist ökologisch katastrophal. In einer Welt mit begrenzten Ressourcen hat die Produktion von Kriegsgerät, das einzig und allein zur Zerstörung eingesetzt wird, keinen Platz. Ihre sofortige Abschaffung ist ein notwendiger und konkreter Schritt für eine nachhaltige, lebenswerte und gerechte Zukunft.

Noch viel schwerer wiegen die durch Kriege verlorenen Menschenleben und zerstörten Gesellschaften im von der Klimakrise stark betroffenen globalen Süden – Konflikte, von denen die Waffenindustrie in Kassel direkt profitiert. Besonders drastisch zeigt sich das in Rojava, wo der türkische Staat mit deutschen Waffen unsere Freund:innen der kurdischen Freiheitsbewegung überfällt und so den Aufbau einer lebenswerten Gesellschaft verhindert.

Die gleichen Konzerne, die Waffen exportieren und damit Kriege ermöglichen, liefern die europäischen Grenzmauern zur Abschottung von Flüchtenden gleich mit. Diese Grenzmauern werden flankiert und legitimiert durch die rassistische Erzählung von der Verteidigung des Wohlstands der Gesellschaften des Globalen Nordens gegen Migrant:innen. Das sind keine neuen Entwicklungen. Es handelt sich um historische Kontinuitäten. Sie sind seit dem Zeitalter der Kolonisierung und des klassischen Imperialismus zu einem weltumspannenden System geworden.

Frieden, soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit sind untrennbar verbunden mit der Überwindung von Beherrschung und Unterwerfung. Der Blick nach vorne in eine friedliche Welt zeigt schließlich die Notwendigkeit einer feministischen Perspektive. Tatsächliche Sicherheit erfordert nicht nur die Abwesenheit von Krieg, sondern auch die Abschaffung ungerechter sozialer Verhältnisse, ungleiche Geschlechterverhältnisse eingeschlossen.

Wir laden alle Klimaaktivist:innen, Feminist:innen, Antirassist:innen, Antifaschist:innen, Künstler:innen und alle anderen Kämpfer:innen für eine friedliche und gerechte Welt ein, auf der Aktionskonferenz gemeinsame Pläne für einen heißen, antimilitaristischen Sommer 2022 in Kassel zu schmieden. Unsere Vielfalt, unsere unterschiedlichen Perspektiven und Ideen sind unsere Stärke.

Informationen zu Ort und Ablauf folgen.
Rückmeldung und Kontakt: rheinmetall-entwaffnen@riseup.net

Bündnis Rheinmetall entwaffnen, Februar 2022

Kommuniqué No. 1

Wir haben Großes vor. Im Sommer 2022 kommen wir nach Kassel. Die Stadt zeigt sich als ein Kristallisationspunkt unserer Zeit, weswegen wir es wagen, uns hier ins Handgemenge zu begeben, um die zerstörerische Gegenwart zu beenden und die Zukunft zu erfinden.

Die Stadt der Künste wird in diesem Jahr wieder einem Wimmelbild voller Menschen gleichen, wenn die »documenta« von Juni bis September ihre Pforten öffnet, um kollektiv entstehende zeitgenössische Kunst zu präsentieren. Schon fast traditionell entfalten sich dabei Räume für Protest und Widerstand. Die ganze Welt blickt in diesen Wochen auf Kassel und dies wird uns eine Bühne sein. Aber nicht nur das: Künstler*innenkollektive aus aller Welt sind gleichfalls vor Ort und ein Hauch von Internationalismus wird durch die Straßen wehen, wenn sie uns von ihren Kämpfen erzählen.

Die Stadt der Rüstung ist ein zentral in der Bundesrepublik gelegener Waffenproduktionsort. Seit über 100 Jahren wird hier Tod und Leid produziert, mit denen Deutschland die Welt überzieht. Das deutsche Rüstungszentrum wurde deshalb im Zweiten Weltkrieg zerbombt, was sich heute noch in der Stadtarchitektur zeigt, und wurde bald wieder zur Waffenschmiede. Aus Kassel kommen beispielsweise die Leopard-2-Panzer mit denen das türkische Regime unsere Freund*innen der kurdischen Freiheitsbewegung überfällt. Um Angriffskriege zu stoppen, müssen wir hier die Rüstungsindustrie angreifen.

Die Stadt der Klimakrise weist sich durch ihre perversen sechsspurigen Straßen mitten durch die City aus, aber ebenso durch das Volkswagenwerk im Landkreis und das Mercedes-Benz-Werk in unmittelbarer Nachbarschaft zu Rheinmetall in der Nordstadt. Auch das größte deutsche Erdgas- und Erdölunternehmen Wintershall Dea mit Hauptsitz in Kassel nehmen wir in unseren Fokus. Denn als Teil der Klimagerechtigkeitsbewegung hängen für uns Klimakatastrophe und Krieg untrennbar zusammen.

Die Stadt der Nazi-Morde an Halit Yozgat und Walter Lübcke sowie der Schuss auf einen antifaschistischen Geschichtslehrer 2003 sind nicht ohne die anhaltende Präsenz der Kassler Nazi-Szene denkbar, auf der wie ein Fettauge der hessische Verfassungsschützer Andreas Temme schwimmt. Dies ist nur ein Ausdruck der hessischen Verhältnisse unter der schwarz-grünen Landesregierung. Aber auch die organisierte Anklage gegen Politik und Behörden kommt aus Kassel: Auf Initiative von Familie Yozgat demonstrierten im Mai 2006 über 3000 Menschen überwiegend aus migrantisierten Communitys durch die Innenstadt. Es war die größte Manifestation im Zusammenhang mit den NSU-Morden.

In diesen und vielen weiteren Widersprüchen werden wir uns im Sommer 2022 bewegen. Das verspricht eine aufregende und spannende Zeit, die vieles ermöglichen wird. Dort, wo sich gewichtige Probleme der Welt bündeln, ist ein geeigneter Ort, dagegen zu kämpfen. Wie das konkret aussehen kann, werden wir auf einer Aktionskonferenz am 26. März in Kassel austüfteln. Wir laden euch ein, mit uns in die nordhessische Großstadt zu kommen. Lasst uns gemeinsam eine neue Perspektive öffnen, um in gewohnt frecher Art den deutschen Normalzustand zu durchbrechen und die gegen das Leben gerichteten Verhältnisse nachhaltig zu stören.

rheinmetallentwaffnen.noblogs.org

Rheinmetall Entwaffnen, Februar 2022

 

Die englischsprachige Fassung des Textes befindet sich hier:
https://rheinmetallentwaffnen.noblogs.org/languages/english/