Worte auf der Abschlusskundgebung

Wir stehen hier auf dem Opernplatz, ganz in der Nähe zu zentralen Ausstellungsräumen der Documenta. Wer immer von uns die Zeit gefunden hat, sich die politische Kunst der Kollektive aus vielen Ländern der Welt anzuschauen, weiß wovon wir sprechen, wenn wir sagen, dass der dort gezeigte Geist der Kollektivität und der kämpferische, starke Ausdruck gegen Kolonialismus absolut bewegend und mobilisierend ist!

Wir grüßen von unserer antimilitaristischen Demonstration diese politischen künstlerischen Kollektive, die uns hierher die Perspektive ihrer Unterdrückung und ihres Widerstandes gebracht haben.

Wir können hier nicht auf den ganzen Komplex Eurozentrismus, Rassismus und Kolonialismus und den Umgang mit antisemitischen Stereotypen und Vorwürfe eingehen – und trotzdem: diese Auseinandersetzung muss geführt werden.

Beispielhaft möchten wir hier auf die Arbeit der indonesischen Kollektive eingehen. Sie haben uns darauf gestoßen, dass es in Deutschland kein Bewusstsein zum Genozid an der Bevölkerung in Indonesien gibt. Bis zu drei Millionen Menschen sind seit der Militärdiktatur von Suharto Mitte der 1960er dort und in den ausgebeuteten Kolonien ermordet worden! Dies konnte auch mit der Unterstützung der damaligen deutschen Regierung geschehen. Es geschah im Geiste des aggressiven Antikommunismus, der eine angebliche Rote Gefahr bannen wollte – und da waren alle Mittel recht. Dafür hat sich bis heute keine deutsche Bundesregierung bei den Opfern entschuldigt. Künstler:innenkollektive konfrontieren uns hier mit ihrer Agitprop-Kunst und machen die globale kapitalistische Zerstörungslogik und Gewalt greifbar.

Diese Aktionskunst fordert uns auf, uns dazu zu verhalten. Wir sind zutiefst solidarisch mit ihrem antikolonialen Kampf und übernehmen ihre Parole, die auf einen ihrer Bilder zu lesen ist: „Build solidarity for the fight against any form of opression on the world“

Die Geschichte Indonesiens und seiner Kolonien seit der Militärdiktatur Suhartos mit seinem Genozid gegen die indigenen Völker ist nicht abgeschlossen – keiner der damaligen Generäle wurde für sein Handeln verurteilt. Nein – sie sind auch zum Teil heute noch in Regierungsverantwortung und treiben fetten Handel auch mit Deutschland und Rheinmetall.

2020 gab es einen Big Deal zwischen Rheinmetall Air Defense und Indonesien: Verantwortlich für diesen Deal ist Indonesiens Verteidigungsminister Prabowo Subianto. Dieser Typ war in der Militärjunta Suhartos der Mann fürs Grobe, er stand der als besonders brutal geltenden Spezialeinheit Kopassus vor, in der ehemaligen indonesischen Kolonie Osttimor und anderswo verantwortlich für Massenmorde an ZivilistInnen, Folterungen und Vergewaltigungen.

Wir haben im Camp Raki hören können, der über den Widerstand der Menschen in West-Papua gegen die indonesischen Kolonialisten berichtet hat: Er hat uns mit auf dem Weg gegeben, wenn wir einen System-Change wollen, müssen wir einen anderen Blick auf Geschichte entwickeln. Wir müssen uns viel stärker mit den Unterdrückungs- und Widerstandsperspektiven der Menschen aus allen Kontinenten verknüpfen. Auf dem Camp haben wir einen weiteren Schritt dahin gemacht.

Auf dem Opernplatz in Kassel endete am 3. September 2022 unsere Demonstration. An der dortigen Fassade eines Gebäudes eines Bekleidungsunternehmens zeigt das indonesische Institut für bürgernahe Kultur Taring Padi ein großformatig gemaltes Transparent mit der Aufschrift »Rakyat Demokratik«.

Siehe auch Artikel aus »junge Welt«: Der unbekannte Genozid. Die indonesische Militärjunta unter Suharto tötete ab Mitte der 1960er Jahre Hunderttausende Kommunisten. Die Bundesrepublik hatte davon genauestens Kenntnis.

Demonstration 3. September, 13 Uhr, Kassel

Da einige lokale Presseorgane falsche Termine veröffentlichen:
Unsere Demonstration zum Abschluss der antimilitaristischen Aktionswoche startet um 13 Uhr vor dem Hauptbahnhof Kassel.

Wir haben es geschafft, die Teile der Rüstungsbetriebe zu blockieren.

Wir haben es geschafft, ein Camp eine Woche zu organisieren und durchzuführen.

Wir haben es geschafft, uns in Kassel öffentlichen Raum zu nehmen.