In Erinnerung an unsere Genossin Brigitte Asdonk (25.10.1947 – 15.09.2025)

»Ich denke, das war und ist der zentrale Motor für alle von uns, nicht aufzugeben, nicht nachzugeben, an der Notwendigkeit und an der Hoffnung, daß es gelingt, festzuhalten.«

Am Montag, den 15. September 2025, ist unsere langjährige Freundin und Genossin Brigitte Asdonk verstorben.

Ihr gesamtes Leben steckte Brigitte ihre Kraft und Energie in den Aufbau einer Gesellschaft, in der kein Mensch mehr geknechtet und keine Lebensgrundlagen mehr zerstört werden. Für eine Gesellschaft, in der wir gemeinsam gut leben können.

Aufgewachsen in einem kleinen Dorf in Niedersachsen, schloss Brigitte sich in den 60er Jahren in Westberlin der außerparlamentarischen Opposition und dem antiimperialistischen Kampf an. »Unser Ziel war es, eine starke oppositionelle Bewegung zu entwickeln, die etwas anderes als eine kapitalistische Herrschaft mit all dieser Ungleichheit und Unterdrückung und Zerstörung von Mensch und Natur vorstellbar machte.«

In Verbundenheit mit den zahlreichen weltweiten antikolonialen Befreiungskämpfen machten sie und ihre Genoss*innen sich daran »im Herzen der Bestie«, den kapitalistischen Zentren, praktische Solidarität zu üben, und auch hier den revolutionären Prozess aktiv voranzutreiben. »Wir bekamen immer mehr das Gefühl, daß wir mitten in einem Prozeß sind, der nicht nur in Berlin abläuft, sondern auch in der ganzen BRD und darüber hinaus, nämlich international, und daß es tatsächlich die Möglichkeit gibt, die gesellschaftlichen Verhältnisse grundlegend zu verändern, und das in einem internationalen Zusammenhang. Das aber heißt, dort anzufangen, wo man lebt.« Sabotageaktionen gegen die Kriegsindustrie und Militärstützpunkte, Organisieren von Verstecken und Papieren für Deserteure ebenso wie Geld für die politische Arbeit, Aufbau von Stadtteilgruppen und Betriebsarbeit, Angriffe auf militärische, politische und ökonomische Verantwortliche. »Wir wollten dem nicht zusehen – nicht das Maul halten.«

Um nicht gleich zerschlagen zu werden und eine Chance zu haben, irgendwie weiterzukommen, war es notwendig, eine Struktur zu entwickeln, die sich gegen den brutalen und aufgerüsteten Polizei- und Repressionsapparat verteidigen kann. »Von den Medien und herrschenden Zirkeln aus wird alles daran gesetzt, eine Ahnung davon, wirklich neue Wege gehen zu können, wie es von der APO, der RAF und anderen Gruppen versucht wurde, mit allen Mitteln zu verzerren, sehr demagogisch zu bekämpfen und zu diskreditieren. Es soll einfach keine Vorstellung mehr davon existieren, daß eine andere Realität möglich ist als die, die es zur Zeit hier gibt.«

1970 wurde Brigitte zusammen mit fünf weiteren Genoss*innen der Roten Armee Fraktion festgenommen. Sie wurde zu zehn Jahren Knast verurteilt. Brigitte beteiligte sich an den Hungerstreiks und wurde wegen konsequenter Aussageverweigerung vielfach in Isolationshaft gesteckt. Wegen Beleidigung, Widerstand und versuchter Gefangenenmeuterei wurde sie im Verlauf zu weiteren zwei Jahren Haft verknackt. Nichts davon hat sie klein gekriegt. »Mir ging es sehr darum, in irgendeiner Form zu zeigen, daß es auch unter Bedingungen des Knastes möglich ist zu kämpfen, durchzuhalten und aktiv zu bleiben.« Nach zwölf Jahren kam sie 1982 endlich ›frei‹.

Genauso wie im Knast hielt sie auch nach ihrer Entlassung weiter am Ausbau von Widerstand und einer sozialistischen Perspektive fest. »Mit militanten Optimismus gegen Resignation und Fatalität.« Die Solidarität mit und Unterstützung von Befreiungskämpfen wie beispielsweise in Palästina und Rojava spielten ihr Leben lang eine wichtige Rolle. In den letzten Jahren war sie unter anderem Teil von Women Defend Rojava. Brigitte war in verschiedenen Kämpfen aktiv und auch international unterwegs: in der Hausbesetzerbewegung, gegen Zwangsräumungen und in der antirassistischen Bewegung. Sie setzte sich für die Jugend ein, kämpfte für eine lebenswerte Zukunft, gegen patriarchale Herrschaftsstrukturen, für die Befreiung der Frau. Kämpfe zu verbinden, nichts isoliert stehen zu lassen, war für Brigitte immer zentral. 

Eine bedeutende Stellung nahm dabei der antimilitaristische Kampf gegen Krieg und Aufrüstung ein. Als die Nato Jugoslawien bombardierte, baute sie das Gegeninformationsbüro mit auf. Brigitte war bei zahlreichen Protesten gegen diverse Gipfeltreffen und eben auch wichtiger Teil von Rheinmetall Entwaffnen Berlin. Trotz schwerer Krankheit brachte sie sich bis zum Schluss bei den Treffen, Veranstaltungen und Aktionen ein. Sich selbst stellte Brigitte nie in den Mittelpunkt, legte im Gegenteil ihr Augemerk auf das Wohlergehen der Menschen um sie herum. Wir haben viel von ihr gelernt. Im August nahm Brigitte das letzte Mal am Plenum teil. Für sie war klar, dass es nicht möglich ist, Militarismus und Krieg zu beseitigen, solange die kapitalistische Klasse unbestritten ihre Klassenherrschaft ausübt. Genauso klar war, dass wir diese stürzen können.

Brigitte, dein Lachen, deine Wärme und deine unbeugsame, zielstrebige Entschlossenheit gegen alle Missstände anzugehen, werden wir nie vergessen. Du fehlst.

»Lernen, Lernen, Lernen! Die Linke sollte sich nicht durch den Zustand, wie er momentan ist, entmutigen lassen, nicht resignieren, sondern mit anderen zusammenkommen und sich gemeinsam auflehnen gegen eine Politik, die nur auf Zerstörung aus ist. Es geht um unser Leben und unsere Beziehung zueinander hier und weltweit, für jede und jeden ein würdevolles Leben.«

Rheinmetall Entwaffnen Berlin, Oktober 2025

Die Zitate stammen, bis auf eines, aus einem Interview mit Brigitte.