Am 9. Juni finden wieder Europawahlen statt, doch ein Ort von Demokratie, Menschenrechten und des Friedens ist Europa nicht. Die multiplen Krisen des Kapitalismus machen auch vor uns nicht halt. Die Realität ist geprägt von einer nicht enden wollenden Kriegstreiberei und Militarisierung, von zunehmender Ausbeutung und prekären Lebensverhältnissen sowie einer unmenschlichen Abschottung Europas gegenüber geflüchteten Menschen.
Fortschreitende Militarisierung Europas
Seit der Eskalation des Ukrainekriegs vor über zwei Jahren schreitet die weitreichende Militarisierung Deutschlands und Europas weiter voran. Wir sehen uns mit immer höher steigenden Militär- und Rüstungsausgaben konfrontiert, der Erweiterung der Nato-Mitgliedsstaaten, steigenden Waffenlierferungen in Kriegs- und Krisengebiete und immer größer angelegten Militärmanövern. Hinzu kommt hier in Deutschland eine zunehmende Militarisierung und Kriegstüchtigkeit der Gesellschaft, welche sehr wahrscheinlich demnächst in der Wiedereinführung der Wehrpflicht mündet.
Während des aktuellen EU-Wahlkampfes kann beobachtet werden, wie sich angeblich „rote Linien“ innerhalb der EU weiter verschieben. Bisher hat alleine die EU über 33 Milliarden Euro Rüstungsbudget an die Ukraine geschickt, nicht darin enthalten sind die unzählige Kriegsmaschinerie und Artillerie der einzelnen Mitgliedsstaaten. Europa setzt also nicht auf Verhandlungen und Friedensperspektiven – sondern auf weitere Eskalation – das sehen wir ganz aktuell an Israels Krieg gegen die palästinensische Bevölkerung.
Anfang des Jahres fand zudem erstmals das „Rüstungsforum“ zugunsten der Ukraine in Brüssel statt, an dem über 125 Rüstungskonzerne aus 25 EU-Ländern teilnahmen. Im Rahmen dieses Forums bekräftigte der EU-Chefpiplomat Josep Borell noch einmal, dass es nun darum gehe, „noch mehr und schneller“ Waffen an die Ukraine zu liefern. Um diese Produktion aktiv zu fördern hat die europäische Kommission im März die „European Defence Industrial Strategy“ (EDIS) vorgestellt. Diese Rüstungsstrategie umfasst die Fähigkeit zur Massenproduktion von Rüstungsgütern sowie den Auf- und Ausbau eines europäischen Rüstungskomplexes. Dabei geht es darum, die eigenen europäischen Interessen „besser“ vertreten und international in Konkurrenz treten zu können. Europa steuert also geradewegs und ganz bewusst auf eine Kriegswirtschaft zu, in der alle Bereiche der Wirtschaft und Produktion dem Krieg untergeordnet werden (können). Besonders freut das die deutschen Kriegstreiber und Rüstungskonzerne, ganz speziell Rheinmetall. Der Konzern ist nach eigenen Angaben schon jetzt der wichtigste rüstungsindustrielle „Partner“ der Ukraine und will allein dieses Jahr noch hunderttausende Granaten liefern. Zudem profitiert Rheinmetall wie kein anderes Unternehmen von der deutschen Aufrüstung von Kriegsgerät. Am 04.05.24 wurde bekannt, dass das Verteidigungministerium einen Vertrag über 880 Millionen Euro für Munition mit dem Kriegsprofiteur Rheinmetall abgeschlossen hat. Diese schier endlose Spirale der Aufrüstung verwundert uns allerdings nicht mehr, nennt sich doch auch ein Robert Habeck mittlerweile selbst „Rüstungsindustrieminister“ und die SPD-Spitzenkandidatin Barley phantasiert über Atombomben für Europa.
Es wird einmal mehr deutlich, dass Staaten wie Deutschland das aufgeheizte, militarisierte Klima für sich nutzen wollen. Europa dient den imperialistischen Mächten als ökonomisches und militärisches Instrument zur Durchsetzung ihrer Interessen. Großkonzerne, wie Rheinmetall, werden subventioniert um die eigene Position und das Kapital zu stärkern. Die Verteidigung der so oft proklammierten „westlichen Werte“ und „unserer Demokratien“ ist also nichts als eine Nebelschwade, Propaganda, um das eigene Handeln zu legitimieren.
Für uns ist daher völlig klar, dass wir keine Militärunion brauchen, sondern den Einsatz für Abrüstungsverträge und Friedensverhandlungen erhöhen müssen.
Festung Europa
Seit Jahren schottet sich Europa immer weiter ab und ein Ende der Gewalt und Repressionen gegenüber Geflüchteten und Migrant*innen ist nicht in Sicht. Stattdessen beschlossen die EU-Staaten erst kürzlich die rassistische Asylpoltik in Form des „Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ (GEAS) weiter zu verschärfen. Zu der bisherigen unmenschlichen Politik kommen nun noch mehr Inhaftierung und Isolierung schutzsuchender Menschen an den Außengrenzen und neue menschenrechtswidrige Deals mit autokratischen Regierungen hinzu. Auch Deutschland ist in solchen Deals wie beispielsweise mit Lybien und der Türkei involviert und die Ampelregierung prüft derzeit, weitere Abzuschließen sowie in unsichere Staaten wie Afghanistan abzuschieben. Die europäischen Außengrenzen werden seit Jahrzehnten mit modernster Überwachungstechnologie zu so genannten „Smart Borders“ (intelligenten Grenzen) aufgerüstet. Zum Einsatz kommen Drohnen, Satelliten und andere digitale Beobachtungssysteme, welche von der europäischen Rüstungsindustrie produziert werden. Das alles geschieht mit der Rechtfertigung, es ginge um die Bekämpfung von Schleuserbanden. Dabei ist völlig klar, dass abgeriegelte Grenzen zu noch mehr Pushbacks und riskanteren Fluchtrouten führen und somit zu mehr toten Menschen. Einer der Hauptakteure in dieser Entwicklung ist die „Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache“ Frontex. Die für illegele Pushbacks und Gewaltanwendung gegenüber Geflüchteten verantwortliche „Grenzschutzagentur“ erhält Jahr für Jahr ein immer größeres Budget durch die EU (alleine im letzten Haushalt eine Steigerung von 190%) und ist in einer führenden Rolle bei Forschungsprojekten für die Abschottung Europas. Es ist also mehr als heuchlerisch, dass sich die hiesigen Parteien als „Friedensparteien“ und Bewahrer der Menschenrechte hinstellen und damit Wahlkampf betreiben. Deutschland ist federführend in der rassistischen europäischen Abschottungspolitik und mitverantwortlich für die tausenden Menschen, die auf der Flucht ihr Leben verlieren, traumatische Verhältnisse erfahren müssen und unter unmenschlichen Bedingungen ausgebeutet werden. Als Antimilitaristinnen müssen wir zusammen mit unseren Verbündeten Gegenstrategien gegen diese entmenschlichende Isolations- und Abschottungspolitik und die involvierte Rüstungsindustrie entwickeln.
Zukunft Europa?
Die Europäische Union ist also nicht das solidarische Europa, nicht die Friedensmacht, wie sie sich gerne präsentiert. Europa ist ein Ort von Krieg, Ausbeutung und Abschottung. Die EU regiert für das Kapital und unterdrückt soziale Kämpfe. Sei es die Palästinasolidarität oder groß geführte Arbeitskämpfe und Streiks – die Herrschenden handeln immer im Sinne des Kapitals und versuchen, den Klassenkampf zu unterdrücken.
Uns sollte daher klar sein: Die EU und der Kapitalismus können nicht im Sinne der Arbeiterinnenklasse reformiert werden. Linke Reformer*innen haben uns in der Vergangenheit gezeigt, dass sie den eingeschlagenen Weg der imperialistischen Staaten mittragen. Wer ein solidarisches Europa möchte, muss eine konsequent antikapitalistische Alternative schaffen. Ein internationalistische, sozialistische Alternative zur Befreiung der Arbeiter*innen und der Jugend von der „Festung Euopa“.