„Wir. Machen. Krieg“ – Der Kölner Anti-Militäratlas

Der Kölner Anti/Militäratlas wurde 2015 von der „Gruppe Bundeswehr- wegtreten“ erstellt. Sein Erscheinen damals war notwendig in jenen Zeiten, in denen sich die BRD auf immer mehr und riskantere Kriegsabenteuer einließ.

Der Atlas beschreibt die Funktion der „Neuen Bundeswehr“ nach der Bundeswehrreform. Er listet die in Köln beheimateten Bundeswehreinrichtungen, aber auch Rüstungsfirmen, die Verquickung von Kultur,  (Aus-)Bildung, Kirche, Rat, Parteien usw. auf.

Der Atlas zeigt aber auch, dass es Widerstand gegen diese Militarisierung in Köln gibt. Dass es Bürger gibt, die gegen das Militär protestieren, gerade wenn es sich bürgernah, gerne auch mal wohltätig und auch als „normalen“ Arbeitgeber darstellen will.

Eine kleine Karte mit der Lage aller beschriebenen Standorte gibt eine gute Übersicht. Sie rechtfertigt auch den Namen „Atlas“. Sie lädt vielleicht auch dazu ein, den Militaristen einen Besuch abzustatten, um dort einen Aufkleber „Krieg beginnt hier“ anzubringen. Alles ist gut lesbar, übersichtlich layoutet und in eine handliche Broschüre verpackt.

Die Verfasser*innen waren sich bewusst, dass dieser Atlas auch „weiße Flecken“ enthält. Sie hofften allerdings, dass dieser „Mangel“ andere antimilitaristische Leser*innen dazu anregt, selbst zu recherchieren, zu sammeln und vielleicht als Koproduktion ein Ergänzungsheft zu veröffentlichen.

Hier die pdf zum Download.

Nachfolgend dokumentieren wir das Editorial des 2015 erschienenen Kölner Anti-Militäratlas

Editorial
„Feindbilder sind die Väter des Krieges — darum haben wir keins.“ So tönte die Bundeswehr vor den Verteidigungspolitischen Richtlinien von 1992, die den Umbau der Bundeswehr einleiteten. Seitdem legt sich die Bundeswehr ins Zeug, baut sich um, verschlankt, verstärkt, modernisiert, popularisiert sich und durchdringt das Zivile. Auch in Köln.

1999 nahm die Bundeswehr am völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien teil. Die Bundeswehr hat sich von einer Armee zur Verteidigung des Landes hin zu einer weltweiten Interventionsarmee verändert.

In der Broschüre „Die Stationierung der Bundeswehr in Deutschland, Oktober 2011“ des Bundesministeriums für Verteidigung ist Köln bis zu diesem Zeitpunkt der größte Bundeswehrstandort der Republik. Nach der Umstrukturierung wird Köln mit 5720 (vorher 7910) Dienstposten auf den dritten Platz rutschen, hinter Wilhelmshaven mit geplanten 8570 (vorher 7780) und Koblenz mit 7130 (vorher 7550) Dienstposten. Bundesweit soll es 240 000 militärische und zivile Dienstposten geben. Die Zahl der Standorte soll von 328 auf 264 reduziert werden. Die neusten Zahlen für 2014 scheinen der Öffentlichkeit noch nicht zugänglich zu sein.

Weil Köln im Gefüge und „Geschäft“ der Bundeswehr eine herausragende Rolle einnimmt, halten wir es für notwendig, eigens für Köln einen „Atlas“ zu erstellen, der über das Militär informiert, über die Unternehmen, die daran verdienen, über die Forschungseinrichtungen, die sich um die „Kampfwertsteigerung“ kümmern, über die Kirchen, die sich um die Soldaten- und Hinterbliebenenseelen sorgen und über Vereine, die sich ans Töten, Sterben, Verwunden, Zerstören und an Kameradschaft erinnern oder um Opfer bemüht sind.

In der Sonderausgabe des TOP Köln Magazins von 2007 ist anlässlich der Feier von „50 Jahre Standort Köln —- die Bundeswehr“ zu lesen: „Besonders im letzten Jahrzehnt hat sich das Erscheinungsbild der Bürger in Uniform und ihrer ‚Firma’ in der Öffentlichkeit sehr gewandelt. (…) Nach den Fordwerken und der Stadtverwaltung ist die Bundeswehr mit 9000 Dienstposten der drittgrößte Arbeitgeber in unserer Stadt. Misst man die Nettolohnsumme aller Mitarbeiter, dann ist die Bundeswehr sogar der zweitgrößte Arbeitgeber, da wir in den hiesigen Kasernen kaum noch ‚Indianer’ beheimaten, sondern überwiegend ‚Häuptlinge’.“ (Rainer H. Schillings, Hrsg., Oberleutnant zur See der Reserve)

Der Atlas soll sichtbar machen, wie stark die Stadt, die Bürgerinnen und Bürger von Köln umgeben und abhängig sind vom Militär, von einer staatlichen Einrichtung, die zu einer aggressiven, andere Menschen und ihre Lebensgrundlagen zerstörenden Kraft umgestaltet worden ist. Kurz gesagt: Köln ist zu einem erheblichen Teil am Geschäft mit der Bedrohung, Zerstörung und Tötung beteiligt.

Krieg beginnt dort, wo er geplant wird, wo die Waffen dafür hergestellt werden, wo Waren und Dienstleistungen dem Militär angeboten werden – von der Software über die Galauniform bis zur Reinigung der Gebäude – und wo junge Menschen das Töten lernen.

Köln „lebt“ davon! — auch wenn es „nur“ zum Beispiel Zeitschriften sind, die Anzeigen der Bundeswehr veröffentlichen. Sie unterstützen damit eine Angriffsarmee!

Dieser Atlas informiert darüber, wo in Köln der Krieg beginnt.
Wer keinen Krieg will, muss dort Widerstand leisten. Auch darüber informiert der Atlas.

Der „Atlas“ bietet

  • einen kurzen Überblick über die Veränderungen der Bundeswehr
  • eine detaillierte Darstellung der bundeswehreigenen Einrichtungen in Köln
  • eine – sicher nicht vollständige – Nennung der Unternehmen in Köln, die an Militär und Rüstung verdienen
  • eine Beleuchtung derjenigen Einrichtungen, die die Bundeswehr unterstützen: Universität, Hochschulen, Schulen, Institute, Kanzleien, Kirchen, Arbeitsamt, Philharmonie, Messe
  • eine Auswahl von Orten (Straßen, Denkmäler usw.) in Köln, die an Militärs, Kriege, Erfinder, Nutznießer von Kriegen erinnern
  • Korrespondenz mit Abgeordneten des Stadtrates und Militärdekanen der evangelischen und katholischen Kirche
  • einen Blick in den Widerstand, der dieser Militarisierung der Stadt und der Teilnahme an Kriegen entgegengesetzt wird
  • zur Orientierung und Erwanderung – Teile des Stadtplans, in dem diese Orte markiert sind
  • Ein Bogen mit Aufklebern, gedacht als Anregung zum Kenntlichmachen solcher Orte, „Wo in Köln Krieg beginnt“