Josè Nivoi vom autonomen Hafenarbeiter_innenkollektiv C.A.L.P. Genua spricht über die Streiks und Aktionen, mit denen Arbeiter_innen seit 2019 immer wieder den Umschlag von Rüstungsgütern im Hafen von Genua blockierten. Sie unterbrechen damit direkt die Waffenexporte in Kriegsgebiete wie Jemen, Libyen oder Palästina und stellen sich in die antifaschistische Tradition der Stadt, die sich im zweiten Weltkrieg eigenständig vom Faschismus Mussolinis befreite. Während die deutsche Regierung sich aktiv am israelischen Krieg gegen die palästinensische Bevölkerung beteiligt und gleichzeitig Protest dagegen gewaltsam unterdrückt, ist an vielen Orten weltweit eine starke Bewegung gegen Völkermord, Aufrüstung und Krieg erkennbar. Die Veranstaltung soll einen Raum öffnen, um ausgehend von einem konkreten Beispiel die Voraussetzungen und Möglichkeiten von PRAKTISCHEM Widerstand gegen Militarisierung und Kriege zu diskutieren. Gegen die Logik des Krieges! Die Veranstaltung findet auf italienisch mit Übersetzung statt.
Samstag, 15. Juni 2024, 18 Uhr aka – Werner Hilpert Straße 22, Kassel veranstaltet von Rheinmetall entwaffnen Kassel
Sonntag, 16. Juni 2024, 17 Uhr OM10 – Obere Masch Str. 10, Göttingen veranstaltet von: AK Asyl Göttingen; Bündnis gegen die Logik des Krieges Göttingen; Rheinmetall entwaffnen Göttingen; OM10
Vorstellung der IMI-Studie über den deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall und die mediale Zeitenwende im öffentlichen Diskurs.
Fr. 14. Juni 2024 * 19:00 Uhr * Rote Insel * Berlin Nahe S-Bahnhof Yorckstraße/Großgörschenstraße
So präsent im öffentlich medialen Diskurs, wie seit dem Februar 2022, waren Rüstungsunternehmen nie zuvor. Die Wandlung vom eher unsympathischen Geschäftemacher mit Krieg und Tod zum geschätzten Partner, der Seite an Seite mit dem Bundeskanzler den ersten „Spatenstich“ einer neuen Munitionsfabrik ausführt, wirkt fast hastig, so schnell geschah sie. Über dieses Phänomen ist eine Studie der IMI erschienen.
Auf der Veranstaltung von Rheinmetall Entwaffnen Berlin wird die Studie vorgestellt. Danach gibt es Gelegenheit zur Diskussion und erste Infos zum antimilitaristischen Camp, das vom 3. bis 8. September in Kiel stattfinden wird. Doors open ab 18 Uhr. Ab 21 Uhr Kiez-Tresen mit gekühlten Getränken und Musik aus der Dose.
Auch in diesem Jahr wieder öffnet die Bundeswehr ihre Tore und lädt zum „Tag der Bundeswehr“ ein. Heute am 08. Juni werden bundesweit neun Bundeswehrstandorte für die Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Es wird ein „exklusiver Blick hinter den Kasernenzaun“ versprochen, bei dem Besucher:innen „mit Mitarbeitenden ins Gespräch kommen und dabei Technik und Gerät hautnah und exklusiv erleben“ können. In erster Linie ist der Tag der Bundeswehr aber nichts weiter als eine riesige Inszenierung, die der Normalisierung von Militarismus und Krieg in der Gesellschaft dient. Die Etablierung dieses Tages seit 2015 reiht sich ein in die Öffentlichkeits- und Werbekampagnen, die das Image der Bundeswehr aufpolieren sollen und gleichzeitig die Bundeswehr als attraktive Arbeitgeberin präsentieren sollen. Es wird in perfider Weise versucht, mit einem familiären Festcharakter, vor allem junge Menschen anzuwerben, um sie dann für die deutschen Wirtschafts- und Militärinteressen zu verpulvern. Welche Relevanz dieser Tag und vor allem das gesellschaftliche Bild, das die Bundeswehr abgibt, für den deutschen Staat hat, zeigt sich dabei insbesondere an den Sicherheitsmaßnahmen und der Repression gegenüber antimilitaristischen Protesten der letzten Jahre.
Wir erteilen dieser Inszenierung und dem Versuch Militarismus zu normalisieren eine klare Absage! Denn Krieg und Militär sind kein Grund zum Feiern, Spielen oder Werben! Die Bundeswehr steht nicht in Mitten unserer Gesellschaft, sondern ihr Geschäft sind Aufrüstungsoffensiven durch Einsparungen beim Sozialen und der Gesundheit, die Sicherung und Ausweitung deutscher Wirtschafts- und Machtinteressen durch Auslandseinsätze, Großmachtfantasien, rassistische und sexistische Normalzustände, sowie rechtsextreme Netzwerke.
Spätestens mit dem Krieg in der Ukraine und der, schon lange vorher vorbereiteten, und nun ausgerufenen Zeitenwende, erleben wir ein Comeback des deutschen Militarismus. Nachdem man sich über 20 Jahre daran machte, sich an die Spitze der NATO zu bomben, bringen sich die deutschen Kriegstreiber aus Politik, Wirtschaft und Militär in Stellung, um bald wieder als eigene Großmacht aufzutreten. Deutschland soll „kriegstüchtig“ werden, dafür braucht es eine stärkere Bundeswehr, sowie eine Relativierung der Ablehnung von Kriegen in der Bevölkerung. Beides wird geliefert durch dutzende Medienkampagnen, sowie dem Gerede deutscher Politiker:innen.
Bedrohungsszenarien werden konstruiert und mit einem liberalen Moralismus, sowie rassistischer Hetzte passende Feindbilder geschaffen um die Kriegsbegeisterung in der Bevölkerung zu verankern. Gleichzeitig sind Debatten um die Wehrpflicht schon lange rehabilitiert und befinden sich in der Vorbereitung. Neue Werbe-Offensiven für die Bundeswehr finden in vielfältigen Formen in ganz Deutschland statt. Seien es Besuche an Schulen, auf Berufsmessen, im öffentlichen Raum oder eben durch PR-Events wie dem Tag der Bundeswehr. Mit etwas Erleichterung lässt sich feststellen, dass diese Inszenierungen noch immer nicht die gewünschte Wirkung entfalten. Der Personalstand in der Bundeswehr stagniert weiterhin, laut Umfragen haben vor allem junge Menschen kein Interesse daran, sich in den Kriegsdienst zwängen zu lassen. Hier antwortet der Staat mit Zwang: Mittlerweile ist es keine Frage mehr ob, sondern wann die Wehrpflicht kommt.
Die fortschreitende Militarisierung des deutschen Staates ist im vollen Gange. Um den Kriegstreibern und ihrer Politik etwas entgegenzusetzen müssen wir uns organisieren. Kommt also mit uns vom 3. bis 8. September nach Kiel, lasst uns gemeinsam ein Camp gegen Krieg, Aufrüstung und Abschottung gestalten! Bis dahin werdet aktiv in euren Regionen und achtet auf Ankündigungen!
Nein zur Wiedereinführung der Wehrpflicht!
Kein Werben für die Bundeswehr!
Milliarden für Soziales, statt für Krieg und Militär!
Redebeitrag von Rheinmetall Entwaffnen Rhein-Main zur Veranstaltung anlässlich des Tags der Kriegsdienstverweigerung in Frankfurt am Main mit ukrainischen und russischen Kriegsdienstverweigeren
Die Desertionen und Kriegsdienstverweigerungen in den Kriegen dieser Welt machen uns Mut und Hoffnung. Die Denunziation als „Fahnenflucht“, wer nicht am Morden im staatlichen Auftrag teilnehmen will, nehmen wir gerne an. Das mit dieser Verweigerung verbundene „Nein“ zu Gehorsamkeit und „Nein“ zu autoritärer Fügung birgt ein widerständiges Potential in sich, das alle Kriegsherren fürchten. Denn wer desertiert, wer sich dem Krieg und seiner Grausamkeit entzieht, wer dabei aus politischen oder persönlichen Gründen nicht mitmacht, sagt – ob bewusst oder unbewusst – auch den damit verbundenen Herrschaftsverhältnissen und vermeintlichen Tugenden den Kampf an! Wer desertiert, verrät den Krieg und die mit ihm verbundenen Machtstrukturen!
Wer sind die Profiteure der Kriege um Ressourcen und Macht? Weder die Bevölkerung hier und schon gar nicht die Menschen, deren Länder zu Schlachtfeldern werden. Zerstörte Infrastruktur, Schulen, Krankenhäuser, Strom und Wasserversorgung, unzählige Tote unter der Zivilbevölkerung. Sinnloses Sterben abertausender junger Menschen. Verseuchte und verminte Böden verursachen Tote und Verletzte lange nach Beendigung der Kampfhandlungen und fördern Hunger und Elend. Also: Nein – wir haben kein Interesse am Krieg. Weder im Jemen noch in Kurdistan, weder in Gaza noch in der Ukraine – und auch nicht hier bei uns. Deswegen steht Rheinmetall Entwaffnen nicht auf der Seite nationaler Kriegsparteien, sondern an der Seite derjenigen, die Opfer reaktionärer Kriegspolitik sind, die weltweit vor Kriegen flüchten, und auch auf der Seite derjenigen, die Kriege verraten: Auf der Seite der Deserteur*innen, auf der Seite der Verweigerer*innen und auf der Seite der Saboteur*innen. Wer sich dem Krieg entzieht, entzieht sich damit nicht nur rassistischen, nationalistischen und klassenspezifischen Bedingungen, sondern stellt sich damit im Endeffekt auch gegen patriarchale Männlichkeitsbilder. Allzu oft werden Deserteur*innen als Feiglinge und Angsthasen beschimpft. Wer sich all der Repression zum Trotz nicht einziehen lässt oder von der Front flieht, der folgt grundlegenden menschlichen Werten. Kriegsverherrlichung wie der jetzt angesetzte nationale „Veteranentag“ und Soldatentum hingegen basieren auf der Aberziehung von Menschlichkeit und der autoritären Unterwerfung für eine höhere Sache: Dem eigenen Leben und dem Leben des Gegenübers wird der persönliche Wert entzogen. Soldatentum basiert auf der Härte gegen sich selbst und gegen Andere. Wenn erst einmal die menschliche Empathie und Beurteilungskraft verloren gegangen ist und die Verantwortung für das eigene Handeln an die Autoritäten abgegeben wurde, kann die alltägliche Gewalt, können die Grausamkeiten des Krieges stattfinden, die in den Debatten um Kriegsverbrechen lediglich ihren Höhepunkt finden. „Tapferkeit“, „Heldentum“ oder „ewiger Ruhm“ sind die zentralen Begriffe. Durch diese kriegsverherrlichende Sprache vom Töten und Morden wird entgrenzte Gewalt als etwas Positives beschrieben. Und diese Gewalt wird in der Regel von Männern ausgeführt oder Männern zugeschrieben. Frauen hingegen sind Opfer von Kriegen oder werden als primär so wahrgenommen. Patriarchale Gewalt und Rollenzuschreibungen verschärfen sich explosionsartig in Kriegssituationen. Sexualisierte Gewalt, wie auch Vergewaltigungen, die Alltag in patriarchalen Gesellschaften sind, werden nun darauf zurückgreifend und aufbauend massenhaft als Kriegswaffe eingesetzt.
Unsere feministische Perspektive auf Krieg und Militarisierung beinhaltet deswegen den positiven Bezug auf das Desertieren. Anstatt durch Kämpfen als Mann für das Vaterland, Frau und Kinder und für eine sinnlose größere Sache zu sterben, übernimmt eine desertierende Person Verantwortung für das Leben. Für uns heißt die Parole „Den Krieg verraten!“ zu desertieren und Krieg und Aufrüstung zu sabotieren. In Deutschland und in vielen anderen Ländern werden aktuell Milliarden in die Aufrüstung und die Kriegsproduktion gepumpt, Gelder, die wir viel besser verwenden könnten für öffentliche Infrastruktur, für Gesundheitsfürsorge und Bildung, für die Bekämpfung von Armut und Obdachlosigkeit, für den Kampf gegen die Klimakatastrophe.
Die Militarisierung der Gesellschaft bedeutet nicht nur, dass mehr als zehn Prozent des kommenden Bundeshaushalts in das Militär und die Rüstungskonzerne fließen sollen. Die permanente mediale Kriegshetze verändert das gesellschaftliche Denken. Die Propaganda von der „Verteidigung der westlichen Freiheit“ gegen aggressive Autokraten, Islamisten und andere Schurken lässt Krieg als unvermeidlich erscheinen. Das Militärische bestimmt das politische Handeln. Die Militarisierung geht Hand in Hand mit innerer Aufrüstung und Repression. Immer neue Polizeiaufgaben und Versammlungsgesetze und dazu eine Polizei, welche immer militärischer ausgerüstet wird, sollen für ein ruhiges Hinterland sorgen. Wir müssen Kriege stoppen, die jetzigen und die kommenden.
Das zehntausendfache Morden in Palästina und in der Ukraine muss sofort beendet werden. Der Wettstreit zwischen angeblich liberalen gegen die autoritären kapitalistischen Staaten ist im vollen Gange und droht zur militärischen Konfrontation zu eskalieren. Die Bosse der Rüstungsindustrie und die Politiker*innen werden nicht die Rechnung zahlen. Es braucht Widerstand gegen diese Kriegspolitik und ein aktives Einbringen für sinnvolle gesellschaftliche Veränderungen. Für eine Welt, in der nicht die Profite bestimmen, sondern für eine befreite und solidarische Welt ohne Ausbeutung und Krieg.
Rheinmetall Entwaffnen macht dieses Jahr wieder ein antimilitaristisches Camp und antimilitaristische Aktionstage. Diesmal in der Marine- und Rüstungsstadt Kiel vom 3. bis 8. September. Ihr seid alle herzlich eingeladen mit uns gemeinsam dies zu einem großem Ereignis gegen die Kriege und Aufrüstung zu machen!
Lasst uns den Krieg verraten! Hoch die internationale Solidarität!
Die Staaten weltweit rüsten auf, überall finden wir die Vorbereitung auf größere und blutigere Kriege. Der Appell der antimilitaristischen Bewegung und jener, die sich gegen den Krieg positionieren, richtet sich meist an die Staaten selber, diese Kriege zu beenden und weitere Waffenlieferungen zu stoppen. Eine Position, die wir als Rheinmetall Entwaffnen im letzten Jahr stark gemacht haben ist, die staatliche Logik des Krieges und Verfügung über die zum Krieg gezwungenen Menschen grundsätzlich abzulehnen, kurz: den Krieg zu verraten!
Denn Kriege werden zwar von Staaten und ihren Regierungen geführt, auf dem Schlachtfeld sterben, tut jedoch der einzelne Soldat und die einzelne Soldatin. Sie sind es, die für imperialistische und geostrategische Interessen als Kanonenfutter verheizt werden.
Einige ziehen von nationalistischen Ideen motiviert und von Lügen vermeintlicher “Heldenhaftigkeit” berauscht in den Krieg. Viele jedoch haben keine Wahl, sie werden in den Kriegstdienst eingezogen.
Doch dieses Zwangssystem erzeugt Flucht und Wiederstand! Um gar nicht erst eingezogen zu werden, fliehen einige als “wehrfähig” eingestufte ins Ausland. So sind zu Beginn des russischen Einmarsches in die Ukraine nicht nur Frauen und Kinder geflohen, sondern auch jene, die eingezogen und an die Front geschickt worden wären, um als Menschenmaterial den blutigen Stellungskrieg in der Ukraine weiter zu führen. Schätzungsweise 100.000 ukrainische Männer befinden sich aktuell in Deutschland. Dass sich so viele in vorläufiger Sicherheit, statt im Schützengraben mit immer geringerer Lebenserwartung befinden, ist erstmal Grund zur Erleichterung. Doch in den letzten Wochen kamen Informationen heraus, wonach diese Menschen vom ukrainischen Staat und seinen Institutionen in Deutschland keine Dienstleistungen, wie Reisepässe mehr bekommen sollten. Mehr und mehr Stimmen in der deutschen Politik und Presse untermauern diese Zwangsmaßnahmen mit Narrativen über feige Ukrainer, die dem deutschen Staat auf der Tasche lägen, anstatt für die Werte ihres Staates zu sterben. Ukrainische Nationalist*innen und Befürworter*innen der Kriegslogik gehen hier mit und fordern lieber mehr und mehr Waffen, anstatt sich mit Deserteuren zu solidarisieren. Auch russische und belarussische Menschen bekommen in Deutschland aktuell kein Asyl. Während Menschen das Entsagen eines blutigen Krieges, der auf beiden Seiten schon hundertausende Tote oder für immer Kriegsversehrte zurückgelassen hat, möglichst schwer gemacht wird, hat die herrschende Politik in Deutschland große Pläne für ihre Bevölkerung. Nahezu alle Parteien und herrschenden Medien wünschen sich Gebetsmühlenartig die Wehrpflicht herbei, da auch in der BRD nicht genug junge Leute für ihren Staat Töten und Sterben wollen. Wir sehen darin ein Zeichen der Hoffnung. Eine Möglichkeit zu zeigen, dass es sich lohnt zu kämpfen, sich gegen diesen Staat und seine Kriege zu stellen und sich gleichzeitig international mit allen zu solidarisieren, die das Gleiche tun.
Lasst uns deshalb am heutigen Tag an all jene denken, die den Krieg verraten haben, die sich gegen Nationalismus und Militarismus gestellt haben. Lasst uns zusammen dafür sorgen, dass es auch in Zukunft noch viel mehr werden! Und welcher Ort wäre dafür geeigneter als Kiel, in dem Soldaten, Matrosen und Arbeiter*innen 1918 gemeinsam den Krieg verrieten, sich Militärs und Adel verweigerten und sich daran machten, kämpfend eine bessere Gesellschaft aufzubauen. Wir als Rheinmetall Entwaffnen hoffen, an diese historische Bewegung anknüpfen zu können. Deswegen sehen wir uns im September in Kiel!
ist die Parole, die uns jährlich (nicht nur) am 8. Mai, dem Tag der Befreiung vom deutschen Faschismus, begleitet. Eine Parole, die darauf hinweist, dass von deutschem Boden aus zwei Weltkriege, genauso wie der mörderische deutsche Faschismus ausgingen. Eine Parole, die auch darauf hinweist, dass wir als heute in Deutschland lebende Menschen die Verantwortung dafür tragen, dass es nie wieder so weit kommt. Eine Parole, die uns dazu auffordert, dem Faschismus sämtlichen Nährboden zu entziehen, in dem er gedeihen und wachsen kann. Dazu gehört auch Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, Kapitalismus und Militarisierung den Kampf anzusagen.
Aber seit dem 24. Februar 2022, mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine, wurde all diese Verantwortung nach dem deutschen Faschismus wieder einmal über Bord geworfen. Seit dem ist nationalistischer Taumel militärische Aufrüstung und sicherheitspolitische Mobilisierung in Deutschland.
Seit dem 7. Oktober 2023 hören wir „nie wieder ist jetzt“, genutzt um die bedingungslose Unterstützung der BRD für Israel oder die Unterdrückung der pro-palästinensischen Mobilisierungen in Deutschland zu rechtfertigen.
Wieder einmal wird ein neues erinnerungspolitisches Kapitel aufgeschlagen. In Gesprächen, in Zeitungen und im Internet wimmelt es von Hitler-Putin-Vergleichen. Olaf Scholz‘ (SPD) rief 2022 die Zeitenwende aus und sein 100 Milliarden schweres Aufrüstungspaket wird von der Mehrheit bejubelt, im Jahr 2024 soll erstmals das 2% Ziel der Nato eingehalten werden. Heute sollen es die Muslime sein, die die größte Gefahr für Jüd*innen darstellen. Über den Anschlag auf die Synagoge von Halle mit anschließenden Morden und rassistischen Übergriffen am 9. Oktober 2019 von einem rechten Deutschen begangen hingegen wird kaum noch gesprochen. Über 75 Jahre nach der Befreiung vom deutschen Faschismus wird das militärische Wieder-Erwachen und -Erstarken Deutschlands erleichtert gefeiert. Gerechtfertigt damit, dass Deutschland zu den Guten gehöre und die Anderen, wahlweise „die Russen“ oder „die Muslime“ das Problem sind – ein rassistisches Selbstverständnis, dass uns aufhorchen lassen sollte! Rechtfertigungen für Krieg und Militarismus, nicht trotz, sondern wegen den Lehren des deutschen Faschismus – eine Verdrehung, die bereits in den 90ern von der damaligen Rot-Grünen Regierung angestrebt wurde. Damals rechtfertigte der damalige Bundesaußenminister Joseph „Joschka“ Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) und der damalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) die deutsche Beteiligung am Kosovo-Krieg geschichtsrevisionistisch. Scharping sagte bei dem Besuch der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau, ein Völkermord dürfe nie mehr eine Chance haben. Darum sei die Bundeswehr in Bosnien, die unter Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) dort stationiert wurde, und darum werde sie auch in den Kosovo gehen. Fischer verglich den jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic mit Adolf Hitler und gab an, er habe nicht nur „Nie wieder Krieg“ gelernt, sondern auch „Nie wieder Auschwitz“ und deshalb müsse die deutsche Bundeswehr Serbien angreifen. Der erste deutsche Angriffskrieg von deutschem Boden seit 1945 war die Folge. Seit dem folgten zahlreiche Kriegseinsätze in vielen Ländern der Welt, wie in Afghanistan, Mali oder im Mittelmeer. Immer wieder werden diese Kriege mit moralischen Werten und Verdrehungen gerechtfertigt. Doch immer offener sprechen Politiker*innen aus, worum es geht. Während der damaligen Bundespräsident Horst Köhler 2012 noch abdanken musste, nachdem er öffentlich aussprach, dass Kriege auch für freie Handelswege geführt werden, kann dies 2024 im Kontext des neuen Militäreinsatzes der „Fregatte Hessen“ im Roten Meer ganz offen ausgesprochen werden.
Tatsächlich ist die Bundeswehr jedoch keine antifaschistische Friedensbringerin, sondern im Gegenteil selbst durchsetzt von Neonazis. Der Bundeswehroffizier Franco Albrecht steht seit 2021 vor Gericht, weil er sich 2017 als syrischer Flüchtling ausgegeben hat, um mit diesem Hintergrund in Deutschland neonazistische Terroranschläge durchzuführen. Der ehemalige KSK-Soldat André S. alias „Hannibal“ koordinierte und organisierte seit 2015 ein rechtes Netzwerk von sogenannten Prepper-Gruppen, die im Falle eines Systemzusammenbruchs Massenmorde an politischen Gegnern durchführen woll(t)en. Dies sind und waren keine Einzelfälle. Die zweite Kompanie der Eliteeinheit KSK (Kommando Spezialkräfte) wurde wegen der eigenen Neonazi-Strukturen am 1. August 2020 aufgelöst. Dies scheint alles vergessen und nicht (mehr) gefährlich, wenn jetzt die Bundeswehr neuen Auftrieb bekommt. Dies heißt zwangsläufig, dass auch Neonazis mit ihren militärischen Ausbildungen, Waffen und Infrastruktur-Ressourcen durch die neuste Aufrüstungspolitik und pro-Bundeswehr-Stimmung wieder gestärkt werden.
Als Antifaschist*innen und Antimilitarist*innen ist dies für uns unerträglich und wir fühlen uns in der Pflicht und Verantwortung, uns sowohl gegen den derzeitigen geschichtspolitischen Umschwung, gegen den Rassismus gegen Palästinenser*innen, Muslim*innen, gegen Russ*innen, gegen Antisemitismus, genauso wie gegen die Vereinnahmung von jüdischem Leid für Rassismus und gegen die immer stärker werdende Militarisierung und das damit einhergehende Erstarken von Neonazis in der Bundeswehr und in der Gesellschaft zu wehren.
Esther Bejarano, Auschwitz-Überlebende und aktive Antifaschistin bis zu ihrem traurigen Tod am 10. Juli 2021 mahnt uns und ruft uns auf: „Nie mehr Schweigen, wenn Unrecht geschieht. Seid solidarisch! Helft einander! Achtet auf die Schwächsten! Bleibt mutig! Ich vertraue auf die Jugend, ich vertraue auf euch! Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg!“