Samstag, 20:30 Uhr
Vor 41 Jahren protestierten Schüler* Innen, Lehrer* Innen und Dozent*innen für die Öffnung der Teheraner Freien Universität, die ein Jahr davor wegen der sogenannten Kulturrevolution bzw. Islamisierung der Bildung geschlossen, viele entlassen, suspendiert und exmatrikuliert worden waren. Ali Fathi, als ehemaliger Dozent war auch suspendiert. Auf dieser Demonstration wurden zwei Handgranaten in die Menge geworfen, drei Tote, hunderte Verletzte waren die Folgen. Ali Fathi, gehörte zu den Überlebenden, nachdem 37 Splitter aus seinem Körper entfernt wurden und ihm eine zweieinhalbjährige Inlandsflucht gelungen war, musste er wegen der sich fortsetzenden politischen Repressalien 1984 das Land verlassen. Ali Fathi suchte in seinem Westberliner Exil eine weitere ärztliche Behandlung auf, was ihm in Iran unmöglich war, in der Moabiter Klinik, dort eröffnete ihm ein Arzt, dass die 67 verbliebenen Splitter der Handgranaten in seinem Körper aus deutscher Produktion stammten. Fathi ist innerlich zerrissen: Das Land, das ihm ein neues Leben geschenkt hat, hat die Katastrophe erst möglich und seine Flucht verursacht, sein Leben hat sich für immer verändert. Er suchte die anderen Verletzten und fand einige in Vancouver, Arizonas, Schweden, und Berlin, setzte sich mit ihnen in Austausch und sie gründeten am 21. Juni 2020, nach 39 Jahren, die Gruppe „Splitter im Exil – Made in Germany“, die gegen dieses Verbrechen der deutschen Waffenindustrie vorgehen möchte. Eine Gruppe von Zeitzeugen, deren Leben seit diesem Tag keine Ruhe gefunden hat, viele von ihnen tragen deutsche Splitter in ihren Körpern und leben überall auf der Welt in der Diaspora. Alle Verletzten vom 21.4.1981 waren im Iran und haben den Iran – Irak Krieg erlebt, welcher ihr Leben zusätzlich beeinträchtigt hat. Sie sind nun durch den Russland – Ukraine Krieg wieder daran hautnah erinnert worden, dass das Geld aus Waffen kein gutes Geschäft sei, was mit dem Tod und Blut verschmiert ist.
Die Benennung der Gruppe im diasporischen Exil nach Made in Germany beruft sich auf einen von Ali Fathi verfassten Text mit demselben Namen, wie er seinen Erinnerungen 2017 an seine Behandlung in Moabiter Klinik in Berlin ach seiner Ankunft 1985 in Deutschland festhielt. Dem zu Folge gründete sich die Gruppe Drang im Mai 2022, nachdem sie Ali Fathi, das Stück Made in Germany und seinen transgenerationalen Ansatz durch seine Antirassismus-Arbeit kennenlernten. Drang übersetzte das Stück ins Persische, brachte die Performance am 4.7.2022 auf die Bühne, als sich die Splitter-Gruppe zum ersten Mal in Hamburg getroffen hatte. DRANG beschreibt sich, wie folgt;
„Wir gehören zu einer Generation, die die Kulturevolution im Iran oder die Revolution gegen Kultur im Iran mit allen Höhen und Tiefen nicht erlebt und gesehen haben, jedoch von deren traumatisierten Folgen in einer historischen Übertragung wohl betroffen sind. Wir stellten uns selbst einige Fragen, haben uns eingeladen, inne zu halten, nachzudenken, den Blick in die Zukunft zu richten mit der Arbeit in unserer Gruppe mit dem Stück „Made in Germany“ loszulegen“.
Inzwischen wird das Stück in verschiedene Sprachen übersetzt. Auf dem diesjährigen Rheinmetall-Entwaffnen-Camp in Kassel wird am 3.9.2022 die Performance auf Farsi und mit deutschen Untertiteln aufgeführt,
Der Aufführung folgt ein Vortrag von Ali Fathi über die Analogie des laufenden Kriegs in der Ukraine und mit dem Iran – Irak Krieg sowie einem Text mit dem Titel Zeitstrahl der „Made in Germany “.