
Sie haben versucht, dieses Camp zu verbieten.
Sie haben versucht, uns zum Schweigen zu bringen.
Sie haben versucht, unseren Widerstand zu kriminalisieren.
Sie sagten, unsere Präsenz, unsere Stimmen, unsere Weigerung, Militarismus zu akzeptieren, seien gefährlich.
Aber was ist wirklich gefährlich?
Waffenfabriken, die Kriege in aller Welt beliefern.
Politiker, die sich in Nationalismus und Fundamentalismus hüllen.
Regierungen, die vom Tod profitieren und es „Sicherheit“ nennen.
Aber hier sind wir.
Und unsere Präsenz hier – unsere Körper, unsere Stimmen, unsere Weigerung, ausgelöscht zu werden – sind der Beweis, dass wir erheben uns, wenn wir gemeinsam Widerstand leisten.
Seit fast zwei Jahren wird Gaza bombardiert, ausgehungert, ausgelöscht.
Zehntausende Leben wurden bereits verloren. Zivilist*innen, die einfach nur leben wollen, werden innerhalb von Sekunden ausgelöscht – mit Waffen, die in Fabriken wie denen von Rheinmetall gebaut werden. Deshalb ist die deutsche Regierung kein unschuldiger Zuschauer in diesem genozidalen Krieg.
Sie ist mitschuldig, denn sie liefert Bomben, wohlwissend, wo sie einschlagen.
Vor wenigen Tagen wurde ein weiteres Krankenhaus in Schutt und Asche gelegt – Patient*innen, Ärzt*innen, Familien, die Schutz suchten, wurden an einem Ort getötet, der sicher sein sollte. Journalist*innen, die ihr Leben riskieren, um der Welt zu zeigen, was geschieht, werden gezielt angegriffen und ermordet. Die Wahrheit zu erzählen wird kriminalisiert – und so versucht man, die Wahrheit selbst zu töten.
Und hier in Deutschland? Schweigen. Schweigen der Regierung, Schweigen der großen Medien. Keine Empörung, keine Eilmeldungen, keine Verantwortungsübernahme. Nur Schweigen. Ein Schweigen, das alle Schweigenden mitschuldig macht.
Gleichzeitig rückt die Besatzung weiter vor. Die Siedlungen werden ausgeweitet. Es wird offen geplant, Gaza-Stadt dauerhaft zu besetzen.
Und in all dem Schweigen, tief unter der Erde, gibt es immer noch Geiseln. Gehalten in Tunneln, von Hamas gefoltert, von der Welt abgeschnitten, benutzt als Verhandlungsmasse.
Deutschland, das nicht müde wird, als Stimme des Friedens und der Menschenrechte aufzutreten, liefert gleichzeitig Waffen, unterzeichnet Exportverträge, zählt die Profite, während Menschen verbluten. Sagen wir es deutlich: Es gibt keine Neutralität, wenn man am Krieg verdient. Jede Bombe, die auf Gaza fällt, jede Kugel in einem Flüchtlingslager, jeder Panzer, der über besetztes Land rollt – Deutschland hat seine Hände im Spiel. Rheinmetall hat seine Hände im Spiel. Die politische Klasse dieses Landes spielt mit.
Zwischen all dieser Zerstörung finden wir aber auch Mut und Hoffnung. Immer mehr Menschen in Israel verweigern den Militärdienst. Wehrdienstverweigerer, die „Nein“ sagen – Nein zur Besatzung, Nein zum Krieg, Nein zum Töten in ihrem Namen. Trotz Repression, trotz Strafen werden sie mehr. Protestierende blockieren Straßen, schließen sich Streiks an, fordern ein Ende des Tötens und Leidens in Gaza und verlangen, dass die Geiseln lebend nach Hause kommen. Diese Stimmen zeigen uns: Widerstand gegen Krieg gibt es überall – sogar im Herzen des Militarismus.
Und wir dürfen auch die Stimmen des Mutes innerhalb Gazas nicht vergessen – Menschen, die trotz unvorstellbarer Risiken den Mut haben, nicht nur gegen die Bomben vom Himmel zu protestieren, sondern auch gegen die autoritäre Herrschaft der Hamas. Sie fordern Freiheit von jeder Form der Unterdrückung: von Besatzung, von Belagerung, von Patriarchat, von Militarismus, von religiösem Fundamentalismus.
Diese Proteste erinnern uns daran: Krieg ist nicht unvermeidbar. Besatzung ist nicht unvermeidbar. Militarismus ist nicht unvermeidbar. Das sind Entscheidungen. Politische Entscheidungen. Profitable Entscheidungen. Und jede Entscheidung kann rückgängig gemacht werden.
Unser Kampf ist nicht weit weg – er ist auch hier. Militarismus durchzieht unseren Alltag. In der Polizei, die Proteste unterdrückt. In der Überwachung von Migrant*innen. In der Glorifizierung der Bundeswehr an Schulen und Jobmessen. In den Milliarden, die für Waffen ausgegeben werden, während Krankenhäuser und Kitas in Deutschland in die Brüche gehen. Wenn wir den Krieg bekämpfen wollen, müssen wir auch die Militarisierung unserer eigenen Gesellschaft bekämpfen.
Als Feminist*innen sagen wir: Krieg ist patriarchale Gewalt im globalen Maßstab. Dieselbe Logik, die Frauen zum Schweigen zwingt, zwingt auch ganze Nationen, dem Militarismus zu gehorchen.
Als Antinationalist*innen sagen wir: Keine Fahne ist das Leben eines Kindes wert.
Als Antimilitarist*innen sagen wir: Keine Armee, keine Waffe, kein Rheinmetall-Vertrag kann je Sicherheit bringen.
Und als Antifundamentalist*innen sagen wir: Weder religiöser noch nationalistischer Extremismus wird irgendjemanden befreien – er reproduziert nur Unterdrückung und Tod.
Deswegen müssen wir klar sprechen – über alle Realitäten: über die Gräueltaten in Gaza und im Westjordanland – und über die Geiseln, die noch immer festgehalten werden.
Wir wissen, dass manche die Geiseln nicht erwähnen, weil sie nicht wie Netanjahu klingen wollen, der ihr Leid instrumentalisiert. Und manche sprechen das Massaker in Gaza nicht an, weil sie nicht wie Hamas klingen wollen, die das Leid der Gazaner instrumentalisiert.
Aber eins ist klar: Das sind keine „Meinungen“. Über Meinungen kann man diskutieren. Doch die Tötung von Zivilist*innen in Gaza ist eine Tatsache. Die Vertreibung und Unterdrückung im Westjordanland ist eine Tatsache. Die andauernde Gefangenschaft der Geiseln ist eine Tatsache. Und Fakten verlangen Anerkennung – und Gerechtigkeit – egal, wer versucht, sie für seine Macht zu
verdrehen.
Wir müssen die wir müssen die Binaries aufbrechen. Wir müssen eine Sprache der radikalen Empathie sprechen. Eine, die Gerechtigkeit fordert, nicht Schweigen. Eine, die Trauer aushält, ohne sie in Hass zu verwandeln. Wir müssen Räume für Dialog schaffen – nicht als Inszenierung von Höflichkeit, sondern als Praxis von Verantwortung. Wir müssen die Narrative zurückweisen, die Unterdrückung rechtfertigen – sei es durch staatliche Macht, militärische Gewalt oder ideologischen Dogmatismus. Wir müssen uns den Systemen entgegenstellen, die Leid produzieren – gegen Siedlungen, gegen Belagerung, gegen kollektive Bestrafung, gegen Terror in all seinen Formen.
Dies ist kein Aufruf zu Neutralität; es ist ein Aufruf zu moralischer Klarheit. Ein Aufruf an alle, die wirklich an Frieden glauben, zu erkennen, dass Frieden nur mit Gerechtigkeit möglich ist. Ein Aufruf, die Sprache der Entmenschlichung abzulehnen, der Propaganda zu widerstehen, die Komplexität auslöscht, und alle Palästinenser*innen und Israelis als Menschen zu sehen.
Wir fordern deshalb:
Einen dauerhaften Waffenstillstand.
Die Freilassung aller Geiseln.
Das Ende der Besatzung und des Siedlungsausbaus.
Das Ende der deutschen Mitschuld am Militarismus – von Rheinmetall bis zu jedem einzelnen Profiteur der Todesökonomie.
Investitionen in Leben, in Fürsorge, in Befreiung – statt in Bomben und Grenzen.
Und wir stehen hier mit einem Versprechen.
Ein Versprechen, dass dieses Camp – dieser Ort des Widerstands, der Solidarität, der queeren Freude und der Wut – nicht zum Schweigen gebracht wird.
Ein Versprechen, dass wir weiter Brücken bauen – von Köln nach Tel Aviv, nach Gaza – bis diejenigen an der Macht verstehen, dass wir nicht zurückweichen.
Ein Versprechen, dass wir jedes System, das vom Tod profitiert, jede Grenze, die auf Blut gebaut ist, jede Kriegsmaschine zerschlagen – bis wir alle leben können.
Unsere Stimmen sind stärker als ihre Verbote.
Unsere Solidarität ist stärker als ihre Waffen.
Und unser Wille zum Frieden ist stärker als ihr endloser Krieg.
Palestinians and Jews for Peace, August 2025